Ein herrlich ereignisarmer Tag. Während wir die Waal herunter Richtung deutsche Grenze schippern, schrubben Pavel, Bartosz und Michael das Deck, was nach jedem Ladevorgang dran ist. Zwar ist der Walzdraht nicht besonders staubig und das Schiff anschließend nicht so eingesaut wie bei Kohle, aber jeder Ladevorgang macht Dreck. Und dieses Schiff ist wirklich extrem sauber, vor allem innen – da bin ich von den Containerschiffen aus Bremen ganz anderes gewohnt.
Das andere Ereignis des Tages: Weil der Sprit in den Niederlanden günstiger ist, tanken wir kurz vor der Grenze nochmal. Währenddessen mache ich allerdings ein ganz ausgezeichnetes Nickerchen. Zwar sehe ich aus meinem Fenster noch, dass ein Boot anlegt, aber erfahre erst später, weshalb. Natürlich gibt es auch für Binnenschiffe Tankstellen. Doch die MS MICHAELA ist zu lang, also kommt das Bunkerschiff zu uns. Um mal eben knapp 20.000 Liter Diesel in die zwei Bunker zu pumpen – Maschine und Schubleichter haben ja jeweils eigene Tanks. Und die nennt man Bunker. 20.000 Liter Sprit – hier gibt es so einiges, was man aus dem Alltag kennt, in extra Large – nicht nur Tanks: Drahtseile, Kettenglieder und Taue sind hier armdick.
Dann sind wir wieder in Deutschland, und man merkt es sofort: Es gibt nur noch spärliches Internet, wenn überhaupt. Danke, Kohl!
Michael übernimmt das Steuer, hier auf dem Rhein kennt er sich aus (in Lixhe war er auch zum ersten Mal), außerdem spricht er kein Niederländisch wie Christian, weshalb der bisher die meiste Zeit gefahren ist. Man muss ja durchaus hin und wieder per Funk und an den Schleusen mit Leuten kommunizieren. Also kann Christian jetzt wieder unten aufs Rad steigen und ich sitze mit Michael auf der Brücke. Er hat inzwischen meine Instastorys und Postings entdeckt – dank #Binnenschiff-Hashtag sind wohl einige Kollegen aufmerksam geworden und haben ihn gefragt, ob sie wieder einen Gast an Bord haben – und somit hat er auch die Frage nach dem Ankertattoo gesehen. Wie sich herausstellt, hat Michael tatsächlich ein Ankertattoo auf dem Schulterblatt! Und zwar ein besonders schönes. Das fotografiere ich morgen bei besserem Licht, den hier ist es, trotz wunderschönem Vollmond, schon dunkel.
Als wir in den Wesel-Datteln-Kanal abbiegen, machen wir direkt nach der Schleuse für die Nacht fest, und ich trete an Deck. Christian sagt, ich kann ruhig an Land gehen, hier ist aber nichts los. Er geht ins Bett. Die Schiffer starten ja immer früh, ich habe allerdings noch Bewegungsdrang. Außerdem habe ich Lust auf Bier, und an Bord gibt es nur noch ein paar Radler. Ich verbinde also das Gesunde mit dem Ungesunden und mache mich auf zu einer kleinen Nachtwanderung, in 3,1 km gibt es eine 24-Stunden-Tanke. Landgang!